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Balrog

Mein Leben gleicht in vielerlei Hinsicht dem Leben anderer Menschen aus der sozialen Mittelschicht:

·           Mittelschichtsfamilie (verheiratet, zwei Kinder),

·           Mittelschichtsausbildung (Diplom-Psychologe),

·           Mittelschichtsjob (nichtleitender Angestellter in der Finanzbranche),

·           Mittelschichtswohnung,

·           Mittelschichtsurlaube,

·           Mittelschichtshobbys.

·           Und so weiter

 

Abgesehen davon, dass ich ein ausgemachter Exzentriker und Spinner bin, sieht es von außen so aus, dass mein Leben eher unauffällig dahinplätschert. Das ist von außen betrachtet sehr langweilig, gleichförmig und unbedeutend. Nichts, was der Erwähnung wert wäre. Gut, ich bin ein heterosexueller, alter, weißer Mann. Und nach allem, was man hört, bin ich deswegen die Ursache von so ziemlich jedem Übel, mit dem diese geschundene Welt sich derzeit so rumplagt. Aber auch das ist nichts, was besonderer Erwähnung bedarf – sowas ist selbstverständlich. Und irgendwer muss schließlich an allem schuld sein, nicht wahr? (Ironie).

 

Gut, ich bin Autist. Aber das weiß ich auch erst seit etwas mehr als zehn Jahren. Und Autist – das ist nun wirklich nichts Außergewöhnliches: Autist – wer ist das nicht?

Einige Jahre war ich sehr rührig in der Szene und habe viele Vorträge darüber gehalten, wie ich Autismus im Allgemeinen und die Nichtautisten im Besonderen erlebe. Aber egal, welche Aspekte meines Autismus‘ ich in den Vordergrund stellte und in meinen Vorträgen beleuchtete – nach jedem Vortrag war ich von Trauben von Nichtautisten umringt, die mir lautstark und vor allem wortreich versicherten, das wäre bei ihnen alles ganz genauso. Also: Autist – wer ist das nicht?

Und falls jemand tatsächlich nicht Autist sein sollte:

Im Amerikanischen gibt es die Redewendung:

„Nowadays everybody is diagnosed with something!” – Heutzutage hat ja jeder irgendeine Diagnose.

 

Tja.

Da kann man nichts machen.

Von außen betrachtet ist mein Leben also sehr gewöhnlich, sehr durchschnittlich und keiner Erwähnung wert. Auch mein Autismus reißt da nichts raus. Gut, ich bin ein Spinner – aber nochmal: Wer ist das nicht?

 

Es gibt etwas in meinem Leben, was so außergewöhnlich ist, dass ich noch nie was ähnliches gehört oder gelesen habe. Nicht mal annähernd. Und das ist einer der Hauptgründe, warum ich all dieses Zeug in diesem Blog schreibe. Dabei geht es um mein Innenleben.

 

Wenn ich höre oder lese, wie andere ihr Innenleben beschreiben oder wie das Innenleben anderer beschrieben wird, dann zucke ich nur mit den Achseln: Ja, und?

Vergleichsweise häufig blättere ich lustlos in Büchern, die als „Literatur“ gelten und lese, wie Schriftsteller – und vor allem Schriftstellerinnen – seitenweise Innenansichten ihrer Protagonisten ausleuchten:

Was sie fühlen.

Worüber sie nachdenken.

Was sie bewegt.

Wie sie sich und die Welt sehen.

Wie sie ihr Leben gestalten.

Wie sie den Tag verbringen.

Wonach sie sich sehnen.

Und so weiter.

Ich zucke dann immer mit den Achseln und lege das Buch gelangweilt weg:

Nichts, nichts, nichts.

 

Für alle Schriftstellerinnen und Schriftsteller da draußen:

Das, was du in deinen Werken an Innenleben beschreibst, das mag bei dir so sein oder bei den Protagonisten, über die du schreibst. Bei mir ist das anders. Und zwar derart anders, dass zwischen uns ein ganz breiter Fluss fließt, der von dir nicht überwunden werden kann. Ich kann rüber zu dir. Aber du kannst nicht rüber zu mir. Ich habe möglicherweise ein wenig Ahnung von dir. Ich kann vermutlich mit deinem Inneren in Kontakt kommen. Aber du hast nach allem, was ich sehen kann, keinerlei Ahnung von mir. Du kannst nach allem, was ich sehen kann, mit meinem Inneren nicht in Kontakt kommen.

 

Das ist nicht weiter schlimm. Aber ich habe noch nie eine Beschreibung von meiner Innenwelt gefunden. Nicht mal annähernd. Auch wenn Menschen pfundweise bewusstseinsverändernde Drogen einschmeißen oder sich mit irgendwelchen dubiosen Meditations- oder Autosuggestionspraktiken mental in den Orbit schießen, scheinen sie nicht mal in die Nähe dessen zu kommen, was ich erlebe.

 

Deshalb tue ich, was in meiner Macht steht, aufzuschreiben, wie es in mir aussieht. Damit ich solche Texte mal lesen kann. Aber auch damit jemand, dem es ähnlich geht, solche Texte mal lesen kann. Dass es nur in mir so aussieht, wie es eben in mir aussieht und in sonst niemandem auf der Welt, das halte ich für extrem unwahrscheinlich. Gut möglich also, dass auch andere auf der Suche nach solchen Texten sind.

 

Heute will ich dem ein weiteres Kapitel hinzufügen und von Balrog schreiben.

 

Mit Balrog kam ich zum ersten Mal im März 2019 bewusst in Kontakt. Ich hatte im Monat davor meine zweite Psychotherapie begonnen. Sehr schnell wurde mir deutlich, dass alles in mir -, mein gesamter Körper -, uns (meine Kleinen, meine Innenteile und mich) mit großer Kraft in eine ganz bestimmte Richtung zog. Schemenhaft nahm ich extreme Schmerzen wahr, die ich so noch nie gefühlt hatte. Mit anderen Worten: Ich kam den Spuren irgendwelcher Ereignisse meiner sehr frühen Kindheit näher … aber ich hatte keinerlei Erinnerung an sie.

 

Kurz darauf stellte ich fest, dass ich nicht meine Erinnerungen wiederfand, sondern die Erinnerungen eines anderen. Dieser andere war auch ich. Er war insofern ich, als dass wir uns denselben Körper und auch sonst alle Ressourcen teilten. Aber wir waren derart getrennt, dass uns nichts zu verbinden schien.

Ich habe in diesem Blog schon verschiedentlich dazu geschrieben.

Blog 258- Das Biografie-Paradoxon

Blog 199 – Ein langer Weg 05 – Die Erinnerung des Anderen

 

Als wir die ersten Spuren des Anderen fanden, waren meine Kleinen begeistert:

„Wir graben den Balrog aus!“ verkündeten sie.

Und ich sagte ihnen:

„Langsam, langsam – wir wissen nicht, ob der Balrog das überhaupt will. Nähern wir uns ihm und schauen mal, wie das wird.“

 

Und so gruben wir in uns emsig in die Tiefe.

Tolkien (The Lord oft he Rings) schreibt an dieser Stelle:

„But they delved too deep and too greedily”

Auf Deutsch in etwa:

“Aber sie gruben zu tief und zu gierig.“

Wir gruben in uns - tief und gierig. Und wir wurden fündig.

Wir weckten den Balrog.

 

Was hat es mit Balrog auf sich?

 

Ein Balrog ist eine Gestalt aus dem Kosmos des Herrn der Ringe von J.R.R. Tolkien. Balrogs gehören zur dunklen, zur bösen Seite von Tolkiens Universum. Der bekannteste Balrog lebt in den Tiefen unter den Minen von Moria. In den Minen von Moria graben die Zwerge nach Gold und Edelsteinen, vor allem aber nach „mithril“. Mithril ist ein silbern schimmerndes Metall, das ganz viele fabelhafte Eigenschaften auf sich vereinigt und deshalb sehr begehrt ist. Es ist weit wertvoller ist als Gold.

 

Die Zwerge graben also „zu tief und zu gierig“ und wecken mit ihrer Klopferei dieses mythische Wesen, das da tief unter den Minen schläft. Von der Gestalt her scheint ein Balrog eine Mischung aus Mensch und Drache zu sein. Er ist mehrere Meter hoch, verfügt über ungeheure Kräfte und scheint so ziemlich unzerstörbar zu sein. Und er hat was gegen nervige Zwerge. Und überhaupt gegen so ziemlich jeden, der rumnervt. Und so zerstört er die Minen von Moria und damit das uralte Königreich der Zwerge.

 

Als wir uns den dreiteiligen Film zu diesem Buch anschauten (in unseren Augen ein geradezu grauenhaftes Machwerk – fast alles, was Tolkien in seinen Büchern ausdrücken wollte, wird verdreht oder sogar ins Gegenteil verkehrt), also als wir uns diesen Film auf DVD anschauten, hatten wir ein besonderes Augenmerk auf diesen Balrog.

Unsere Kleinen waren total fasziniert von seiner Stärke und seiner Fähigkeit, Feuer zu spucken. Da wir Wissenschaftler sind, fragten uns unsere Kleinen, wo dieser Balrog denn all die Energie hernähme für soviel Hitze und soviel Feuerspuckerei. Wir überflogen kurz die physikalischen Formeln, die sich mit der Umwandlung von Materie in Energie beschäftigen und sagten unseren Kleinen:

 

„Vermutlich haben sie in diesen Balrog ein kleines Atomkraftwerk eingebaut.“

 

Anders war das nicht zu erklären.

 

Aber gehen wir mal in die Metaebene:

Was will Tolkien mit seinem Ork- und Balrogzeug eigentlich ausdrücken? Was bedeuten all diese dunklen und bösen Kräfte? Was beschreibt er in seinen Büchern in Wirklichkeit?

 

Nach allem, was wir sehen können, beschreibt er in all seinen Büchern, wie ein Mensch im Inneren aufgebaut ist:

 

Es gibt einen Teil, der ihm bewusst ist – der lebt an der Oberfläche, oder wie die Zwerge in Bergen. Dieser Teil macht da das übliche Zeug – er lebt und liebt, er arbeitet und werkelt. Die Leute führen Kriege miteinander, die Leute vertragen sich wieder miteinander, sie bekommen Kinder und bestellen ihre Felder (oder klopfen emsig in ihren Minen herum) … und so weiter.

 

Dann gibt es einen anderen Teil im Menschen. Und dieser Teil ist ihm nicht bewusst. Dieser Teil ist dunkel, unbekannt und sehr gefährlich. Wenn dieser Teil sichtbar wird und an die Oberfläche kommt, dann sind die Folgen schrecklich und katastrophal: Krieg, Chaos, Zerstörung und Gewalt. Das ist so, als ob die vier Reiter der Apokalypse über die Erde hereinbrächen.

 

In all seinen Büchern warnt Tolkien seine Leser nachdrücklich und sehr eindringlich davor, sich zu sehr mit dem Unbewussten zu beschäftigen: Es hat grauenhafte Folgen!

Die Orks sind ein Symbol für all den Terror und all die Schrecken, die in unserem Unbewussten lauern. Und wer es gar nicht lassen kann, in sich zu forschen, für den halten die finsteren Tiefen noch weit größere und grausamere Schrecken bereit:

Balrogs und alle möglichen anderen Kreaturen, die so mächtig und so furchtbar sind, dass es sich jeder Beschreibung entzieht.

 

Und vor allem sagt Tolkien:

Bekämpfe das, was in diesen dunklen Tiefen lauert immer und jederzeit!

Führe Krieg gegen dich selber!

Sorge dafür, dass das, was in dir unbewusst ist, auch unbewusst bleibt!

 

Tja.

Da kann man nichts machen.

Das ist in unseren Augen Tolkiens Kernbotschaft:

Führe Krieg gegen dich selber, dann geht es dir so gut, wie es dir eben gehen kann. Besser wird’s nicht.

 

Durch all seine Bücher zieht sich:

Mit Orks kann man nicht reden. Die sind grausam, unmenschlich, schädlich … und so weiter. Sie haben kaum eine Kultur, sie sind zu Liebe und anderen Gefühlen (außer Hunger, Hass und Durst) nicht fähig. Sie können nicht schaffen, nur zerstören. Mit Orks kann man nicht reden, die kann man nur bekämpfen. Nur ein toter Ork ist ein guter Ork.

Sie gehören zu den Mächten der Finsternis.

 

Unsere Kleinen waren immer dagegen. Nicht, dass sie Orks hegen und pflegen wollen. Wir wollen keinen Ork als Freund, und wahrscheinlich riechen sie auch etwas streng und fressen einem den Kühlschrank leer, wenn man sie lässt. Aber auch diese Orks müssen sich ja irgendwie vermehren. Auch sie haben ganz sicher Frauen und Kinder, die sie über alles lieben. Auch sie haben ganz sicher ein Heim, an dem sie hängen und das sie verteidigen wollen … und so weiter. Es muss doch einen Weg geben, sich zu verständigen!

 

Und überhaupt – der Balrog.

In so einem Balrog steckt so viel Kraft und Energie!

Es muss doch Wege geben, sich mit so einem Wesen ins Benehmen zu setzen!

Er hat doch sicher so viel zu erzählen!

 

Wieder zurück zu uns und unserer Therapie:

Als wir merkten, dass wir da offenbar einen sehr großen und sehr energiereichen Teil von uns gefunden hatten, den wir überhaupt nicht kannten, waren sich unsere Kleinen sicher:

„Wir sind auf den Balrog gestoßen!“

Und genauso sicher waren sie sich:

„Den graben wir jetzt aus!“

 

Und ich (als Großer) hielt sie ein wenig zurück:

„Lasst uns erst mal schauen, ob er das überhaupt will. Aber grabt schon mal, und wenn wir merken, dass es ihm recht ist, dann dürft ihr weitergraben.“

 

Unsere Kleinen machten sich mit Feuereifer ans Werk. Nach allem, was wir sehen konnten, war es dem Balrog recht.

 

Wir gruben den Balrog aus. Er war so groß und so stark, dass wir das gerne so verglichen:

„Von all dem, was wir sind, sind wir 60 Prozent, und Balrog ist 40 Prozent.“

 

Das machte ein völlig neues Herangehen nötig:

Bislang hatten wir immer nur Kinderteile von uns wiedergefunden – Kleine eben. Die hatten wir in eine Region in uns eingeladen, die wir den Garten nennen. Dort können unsere Kleinen sein. Dort sind sie absolut sicher, dort geht es ihnen gut.

Aber wenn du einen Teil von dir wiederfindest, der 40 Prozent von dir ausmachst, dann kannst du ihn nicht in irgendeinen Garten schicken.

 

Und uns war völlig klar, dass wir hier nichts anordnen konnten. Wir konnten Balrog nicht sagen:

Mach‘ dies und das.

Wenn das mit uns und Balrog irgendwie funktionieren sollte, dann musste das zwischen uns beiden ausgehandelt sein.

 

Aber Balrog sprach nicht mit uns. Er war einfach nur da, und das war’s.

Wie triffst du Vereinbarungen mit jemandem, der nicht redet, und der nicht kommuniziert?

Unsere Therapeutin fragte uns, wo Balrog herkäme. Wir konnten es ihr nicht sagen. Aber Tage später sprach er seine ersten Sätze mit uns – ganz plötzlich:

„Ich bin immer. Ich war, bevor der erste kam. Und ich werde sein, wenn der letzte gegangen ist.“

Das war’s.

Sonst sagte er nichts.

Er war das reine Schweigen.

 

Wochen später lernten wir, dass er mit uns über Bilder kommunizierte. Wir nannten das „resonierende Bilder“:

In uns tauchten auf einmal Bilder auf, die ganz sicher nicht von uns waren. Bilder, wie wir sie noch nie gesehen hatten. Und sie lösten in uns einen lang anhaltenden, tiefen Klang aus – so wie ein riesiger Gong, der wuchtig angeschlagen wird. Und alles in uns schwang mit diesem Klang mit.

 

Später verlangte Balrog nach Stiften und Papier:

Er wollte malen.

Wir besorgten ihm beides. Er bekam unsere alte Packung „Polychromos“ – hochwertige Buntstifte, 36 verschiedene Farben. Mit denen hatten wir vor Jahrzehnten ziemlich viel gezeichnet.

Und wir besorgten ihm ganz spezielle Zeichenblöcke, die er sich ausgesucht hatte – Recyclingpapier, DIN A 4.

 

Dann begann er während eines Bergurlaubs zu zeichnen. Und was dann folgte, gehört zum Seltsamsten, was wir je erlebt haben.

 

Wir wissen nicht, wie das ist, wenn ihr zeichnet oder malt. Wir nehmen an, dass ihr euch dann Stift und Papier nehmt oder Pinsel, Farben und Leinwand – eben das, was ihr halt so braucht. Und dass ihr dann anfangt zu malen oder zu zeichnen.

 

Vielleicht macht ihr anfangs Skizzen oder Sujetstudien, oder ihr legt euch ein Modell bereit, nachdem ihr malen oder zeichnen wollt. Oder ihr malt nach der Natur. Oder ihr malt einfach drauflos und hofft auf das beste …

 

Bei uns war das ziemlich anders:

Ich sorgte dafür, dass wir ungestört irgendwo an einem Tisch sitzen konnten – wir zeichnen immer an einem Tisch. Dann legte ich den Zeichenblock im Querformat vor uns. Ich öffnete die Blechschachtel mit den Buntstiften und nahm einen grauen Stift zur Hand …

 

… und dann saß ich da und betrachtete das weiße Blatt Papier vor mir.

 

Und das konnte eine ganze Weile dauern. Viele Minuten:

Sitzen. Völlig still sitzen, mit dem grauen Stift in der rechten Hand und auf das Papier schauen. Sitzen und innerlich allmählich beiseitetreten und warten, bis Balrog kommt und den Körper übernimmt.

 

Irgendwann begannen wir auf einmal Linien und Muster auf dem Papier zu sehen. Und dann legte Balrog los:

Mit einer für uns unfassbaren Geschwindigkeit füllte er große Teile des Papiers mit akkuraten Skizzen. Er war in seinen Zeichnungen immer völlig sicher. Nicht ein einziges Mal mussten wir in diesen Skizzen radieren, weil ihm irgendwas nicht gefiel und er das neu machen wollte. Meist war er nach einer Minute fertig und die Zeichnung stand im Rohbau. Für uns war das wie Hexerei. Wir können sowas nicht. Wir kennen auch niemanden in uns, der sowas kann.

 

Oft starrten wir fassungslos auf diese Konturen, und unsere Kleinen wisperten scheu:

„Was ist das?!“

Und ich konnte ihnen nur sagen:

„Keine Ahnung.“

 

Und Balrog sagte uns nichts. Gar nichts.

Er trat wieder zurück und bedeutete uns, dass wir das jetzt alles kolorieren sollten. Das haben wir dann gemacht – wir füllten Balrogs Skizzen mit Farben. Das dauerte oft Stunden. Manchmal dauerte es Tage. Balrog schaute uns dabei zu. Meistens war er sehr zufrieden. Manchmal gab er uns Hinweise, wie wir die Farben wählen sollten.

 

Während des Kolorierens hörten wir auf Balrogs Wunsch ganz oft Musik. Er wollte immer nur ein Stück hören – und das in Endlosschleife. Also machten wir das so. Und während des Kolorierens erzählte uns Balrog, welchen Titel dieses Bild bekommen sollte. Manchmal erzählte er auch ein bisschen mehr. 

 

Dieses Zeichnen war ein Lernprozess für uns.

Erst ab dem dreizehnten Bild gelang es mir, mich nicht mehr in Balrogs Zeichnungen einzumischen und derart total beiseitezutreten, dass tatsächlich nur noch Balrog zeichnete.

Immer wieder blieben wir mit den Zeichnungen stecken und waren dann sehr ärgerlich. Es dauerte manchmal Wochen, bis wir merkten, dass wir nicht steckengeblieben waren, sondern das Öffnen der nächsten Tür vorbereitet hatten.

 

Und mit den Monaten wurde das, was Balrog ausdrückte, immer intensiver. Er zeichnete ungefähr zwei Jahre, dann zog er sich wieder zurück.

 

Und das war’s dann einstweilen mit seinen Bildern.

 

Ab der nächsten Woche wollen wir an dieser Stelle einige von Balrogs Bildern vorstellen. Balrog hat dem zugestimmt.

 

Für die unter euch, für die das nichts ist:

Irgendwann ist das mit den Bildern auch vorbei, und dann erscheinen an dieser Stelle wieder Texte.

Bis dahin:

Wir wünschen euch einen schönen Restsommer.

(Unsere Kleinen kichern und fügen hinzu: „… und einen schönen Herbst, und einen schönen Winter.“)

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