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Geht nicht

*** Körper und Seele sind in meiner Welt eins. Sie sind beide Ausdruck von ein und demselben. Ist die Seele krank, dann ist auch der Körper krank und umgekehrt. Es geht nicht anders. ***

 

 

Die dunkle Jahreszeit ist angebrochen. Die Tage werden wieder spürbar kürzer. Es riecht deutlich häufiger als sonst nach Zimt und Zitrusfrüchten, und öffentliche Plätze werden vermehrt mit Bach und Weihnachtschorälen beschallt. Werbeplakate, auf denen mit den Bildern dunkelhäutiger und großäugiger Kinder um Spenden geworben wird, sind viel häufiger zu sehen als sonst. Aggressiv flackernde Weihnachtsbeleuchtung auf Balkonen und in Gärten und Fenstern lädt nicht nur Epileptiker zum Wegschauen ein.

 

Weihnachten nähert sich.

 

Und überall in den Medien – Fernsehen, Rundfunk, Printmedien – bricht der Besinnlichkeitsjournalismus aus.

 

Da hab‘ ich jetzt nicht so den Bezug zu. Natürlich feiere ich Weihnachten, und diese Jahreszeit ist mir und meinen Kleinen sehr wichtig. Aber beinahe alle meine Nächte sind stille Nächte. Um zur Ruhe zu kommen, zu mir zu finden und nachzudenken brauche ich kein bestimmtes Datum.

 

Und dennoch:

Als wir (meine Kleinen und ich) vor Monaten mit diesem Text anfingen, wurde uns schnell klar:

Das könnte was für die Vorweihnachtszeit sein.

 

Also los!

(Und wer’s gerne vorweihnachtlich hat – ihr dürft gerne mit einem warmen Glas Gewürztee in der Hand, umringt von euren Lieben und umgeben von Selbstgebackenem an einem eurer Lieblingsplätze diesen Text lesen).

 

Jetzt aber der Text.

(Nach dieser ewig langen Vorrede!)

 

***

 

Immer wieder kommen Menschen mit der felsenfesten Überzeugung auf mich zu, dass das, was in ihnen verletzt ist – Körper und Seele – nie wieder heilen kann. Sie sind unheilbar geschädigt. Sie wissen das, und nichts wird sie von ihrer Meinung abbringen. Und natürlich haben sie schon „alles“ versucht - vergeblich. Sie wissen, dass sie nicht mehr auf Besserung oder gar Heilung hoffen können. Sie wissen, dass alles, worauf sie in diesem Leben noch hoffen können, ist, dass sie sich einigermaßen kommod mit ihrem Leiden einrichten können.

Das ist alles für sie.

Mehr gibt es für sie nicht mehr in diesem Leben.

Mehr können sie nicht mehr erhoffen oder erreichen.

Und wie gesagt – schon „alles“ versucht … vergeblich.

 

Manchmal wollen sie mich dann in eine Diskussion einbinden, in der sie mir nachweisen wollen, dass sie recht haben. Ich lasse mich nicht darauf ein. Wenn du überzeugt bist, dass du nicht heilen kannst, dann wird das wohl so sein. Du bist der Experte für dich selber, nicht ich.

 

Aber ich will hier mal meine Sicht der Dinge darstellen.

 

Zunächst mal:

Was dieser Text nicht ist.

 

a)

Dieser Text ist keine Fortschreibung kindlicher Allmachtsfantasien, wie sie seit vielen Jahren in der Management- und Erweckungsliteratur so beliebt ist. Dort kann man lesen:

„Du kannst alles, wenn du nur willst.“

„Gib dein Ziel niemals auf.“

„Geht nicht gibt’s nicht.“

„The Sky is the Limit.”

“Zusammen.Können.Wir.Alles.“

Und so weiter.

 

In meinen Augen ist das alles hanebüchener Quatsch. Dummsinnsliteratur, die dazu dient, Menschen, die sich gerne hereinlegen lassen und die niemals erwachsen werden wollen, das Geld aus der Tasche zu ziehen.

 

Selbstverständlich geht vieles nicht. Und selbstverständlich werde ich das allermeiste, was denkbar wäre, niemals erreichen.

Ich werde nie 1.000 Jahre alt werden, ich werde nie Olympiasieger werden (da kann ich noch so viel wollen), und ich werde auch nicht die Grenzen der Physik verschieben und auf einmal fliegen wie ein Vogel.

Und so weiter.

 

b)

Das hier ist kein Erweckungsbericht. Auch davon gibt es hunderte Versionen:

Ich war wirtschaftlich und sozial völlig ruiniert, hab in drei Gefängnissen gleichzeitig gesessen und war von fünf Drogen auf einmal abhängig, ich hatte nur noch zwei Dollar in der Tasche und statt mir was zu essen zu kaufen, habe ich dieses eine Buch gekauft und seitdem fällt mir alles im Leben leicht, und bin ich Millionär.

 

Alles Quatsch.

 

c)

Das hier ist kein:

Mir war es möglich, also ist es auch dir möglich.

 

Wenn mir etwas möglich ist, so zeigt es nur, dass es grundsätzlich geht. Ob es auch für dich möglich ist, kann ich nicht wissen.

 

Also nochmal, weil es so wichtig ist:

Was ich hier schreibe, zeigt, dass sowas grundsätzlich möglich ist, mehr nicht.

Ob es auch für dich erreichbar oder umsetzbar ist, kann ich nicht wissen.

 

 

Worum soll es in diesem Text gehen?

 

Ich will aufzeigen, was körperlich alles möglich ist, wenn die Seele heilt.

 

 

1

Die Füße

 

Wenn wir ergoogeln, wann Füße ausgewachsen sind, dann finden wir, dass sie mit 16 ihre finale Größe erreicht haben. Im höheren Alter gehen die Füße dann ein wenig in die Breite, weil sich das Fußgewölbe senkt. Aber das war’s offenbar auch so ziemlich.

 

Meine erste Therapie habe ich mit 22 angefangen. In der Zeit spielte ich relativ viel Fußball. Irgendwann gönnte ich mir sehr gute Fußballschuhe einer sehr bekannten Marke, mit denen ich auf praktisch jedem Untergrund einen guten Stand hatte.

 

Ich war 25 Jahre alt, als ich feststellte, dass mir diese Schuhe immer weniger passten. Ich fragte meinen Therapeuten (Facharzt für Allgemeinmedizin), was los sei. Der schaute sich meine Füße an und sagte:

„Sie werden dir, als du Kind warst, ständig zu kleine Schuhe gegeben haben. Jetzt befreien sich deine Füße und wachsen.“

 

Und tatsächlich – dass ich als Kind mal passende Schuhe bekommen hätte, kann ich kaum erinnern. Schuhe waren immer eine Qual, und bei mir und meinen Geschwistern pflegten sich die Zehen irgendwann durch’s Leder zu bohren.

 

Ich habe diese Fußballschuhe heute noch. Manchmal stelle ich sie auf den Boden und vergleiche sie mit meinen nackten Füßen. Ich würde heute nicht mal mehr ansatzweise in diese Schuhe hineinpassen – nicht von der Breite her, sondern von der Länge her. Meine Füße sind um mindestens fünf Zentimeter gewachsen.

 

Die meisten Ärzte würden dazu vermutlich sagen:

Geht nicht.

 

 

2

Die Schultern

 

Bis ich 22 war, war ich lang und dünn. 1,92 m stand in meinem Reisepass, und die Waage zeigte an, dass ich 75 Kilo wog. Ich war bei gleicher Größe schon deutlich dünner gewesen und hatte im Zivildienst gefressen, was das Zeug hielt (die hatten eine Großküche mit angeschlossenem Kühlhaus da, und ich durfte jederzeit rein und von allem essen, soviel ich wollte). Aber 1,92m, 75kg war mein Körperstatus zu Beginn der Therapie.

 

Als ich 24 war, war ich unwesentlich schwerer. Aber ich begann, in Lebensmittelgeschäften Sachen umzuschmeißen. Ich konnte mir das erst nicht erklären. Dann analysierte ich die Situation und erkannte, dass ich immer dann Sachen runterschmiss, wenn ich mich um die eigene Achse drehte.

Das kam mir sehr merkwürdig vor. Aber bei genauerer Betrachtung stellte ich dieses fest:

Ich war deutlich breiter als früher, und wenn ich mich drehte, brauchte ich entsprechend mehr freien Raum um mich herum. Und vielleicht ist noch dieses wichtig: Ich schmiss die Dinge im Lebensmittelladen nicht mit meinem Bauch um. Ich war in den Schultern erheblich breiter geworden.

 

Ein paar Wochen später stellte ich fest, dass mir mein Lieblingshemd, das ich schon seit Jahren trug, nicht mehr passte. Und nein, es lag nicht daran, dass ich so fett geworden war und es am Bauch spannte. Die Schultern passten nicht mehr richtig in dieses Hemd.

 

Ich fand das alles sehr merkwürdig und wollte es jetzt genauer wissen. Ich zog das Hemd trotzdem an, knöpfte es zu und bewegte meine Arme so, dass sich die Ellenbogen vor meiner Brust berührten. Es machte in meinem Rücken ein deutliches Geräusch von reißendem Stoff, und ich wusste, dass da nichts mehr zu retten war. Von diesem Hemd konnte ich mich verabschieden.

 

Dann kamen die ganzen Muskeln, die ich heute noch habe. Ich habe nie irgendein Krafttraining oder sowas gemacht. Und auch meine Neigung, Sport zu machen war nie besonders ausgeprägt. Ich wandere, und das ist auch schon alles. Aber ich wiege heute so um die 120 Kilo, und nicht alles davon ist Fett.

 

Bislang habe ich in meinem erwachsenen Leben drei solche Umbauten an meinem Körper erlebt, die sich dadurch ankündigten, dass ich auf einmal in irgendwelchen Geschäfte etwas umriss, wenn ich mich um die eigene Achse drehte.

 

Als ich 22 war, hatte ich Kleidergröße 52.

Als ich Jahre später einen Schneider aufsuchte, um mir Anzüge nähen zu lassen, konstatierte der Mensch, der mich da vermaß:

„Kein Wunder, dass Sie zu uns gekommen sind – Sie haben in den Schultern Größe 60 und in den Hüften Größe 56. Dafür gibt es keine Anzüge von der Stange.“

 

Die meisten Ärzte würden dazu vermutlich sagen:

Geht nicht.

 

 

3

Die Lunge

 

Asthma kenne ich rauf und runter. Es gibt mit Sicherheit Menschen, die es noch deutlich härter getroffen hat als mich. Aber nicht frei atmen zu können und Luftnot bis zu Erstickungsängsten zu haben, begleitet mich, seit ich denken kann. Ich habe noch nie so atmen können wie Menschen mit gesunder Lunge.

Lange Jahre habe ich mit etwas Erfolg psychotherapeutisch an meinem Asthma gearbeitet.

Als ich 43 war, hatte ich einen Asthma-Anfall, der über 72 Stunden dauerte. Ich beschloss, Medikamente für meine Lunge zu nehmen. Das besserte die Lage ziemlich.

Aber kranke Lunge ist kranke Lunge. Mit diesen Asthma-Sprays linderst du die Symptome. Heilung geht anders.

 

Seit etwas über einem Jahr ist mein Konsum an Lungenmedikamenten beinahe schlagartig zurückgegangen, weil ich bestimmte Ereignisse aus meiner Kindheit in der Therapie wiederfand. Verglichen mit dem, was ich in den Jahren davor nahm, ist mein Konsum an Lungenmedikamenten jetzt bei ein bis drei Prozent angelangt.

 

 

4

Der Magen

 

Auch mein Magen ist chronisch krank. Auch hier kann ich nicht erinnern, wann das mal anders war. Bauchschmerzen, Sodbrennen und ähnliche Beschwerden begleiten mich zuverlässig, seit ich denken kann.

Mit den Jahren wurde das immer schlimmer.

Als ich 43 war, ging ich damit zum Arzt. Dort sollte ich mich auf eine Liege legen und den Bauch frei machen. Dann kurvte der Arzt intensiv und ausgiebig mit seinem Ultraschalldingsbums auf meinem nackten Bauch rum. Dabei verfolgte er mit dem für die Mediziner so typischen besorgten Blick auf einem Bildschirm die Geschehnisse und verkündete:

„Chronische Gastritis.“

Das bedeutet so viel wie „Dauernd Bauchschmerzen“.

 

Dann wurde ich in die Klinik geschickt zur Magenspiegelung.

Zwei Experten nahmen sich dort meiner an, machten gründliche Untersuchungen und erzählten mir alles mögliche zu meinem Magen.

Dann bekam ich zum ersten Mal in meinem Leben Medikamente für meinen kranken Magen. Das besserte die Lage ziemlich. Als der Arzt nachfragte, wie die Medikamente anschlugen, sagte ich ihm:

„Soviel Frieden war noch nie.“

Aber diese Magenmedikamente linderten nur die Symptome. Heilung geht anders.

 

Der Arzt meinte dazu, dass ich diese Medikamente jetzt nehmen müsste, bis ich in Rente ginge. Vielleicht aber auch lebenslang.

Das war mir zu diesem Zeitpunkt egal, weil die ewigen Bauchschmerzen und das ständige Sodbrennen jetzt weg waren.

 

Seit etwas über einem Jahr ist mein Konsum an Magenmedikamenten beinahe schlagartig zurückgegangen, weil ich bestimmte Ereignisse aus meiner Kindheit in der Therapie wiederfand. Zuerst ging mein Bedarf runter auf 10% (verglichen mit den Jahren davor) und seit einiger Zeit (fast 150 Tagen) brauche ich die Medikamente gar nicht mehr. Natürlich kann das jederzeit wiederkommen. Aber im Moment ist es so, dass es weitgehend gut ist.

 

Ich hab‘ meinem Arzt noch nicht davon berichtet, denn ich weiß nicht, wie ich ihm verständlich machen kann, wie es kommt, dass ich diese Medikamente nicht mehr brauche.

 

 

Ich will es bei diesen Beispielen erst mal bewenden lassen.

Ich könnte noch viele Sachen aufzählen, wo die Ärzte, die mich behandelten, ratlos den Kopf schüttelten. (Als sich vor zehn Jahren mehrere Koryphäen (Professoren und so) in mehreren Terminen näher und sehr intensiv mit meinem Herz befassten, bekam ich die Gelegenheit, ärztliche Ratlosigkeit aus nächster Nähe zu bestaunen. Sie steckten die Köpfe zusammen, guckten auf die Diagramme, die sie bei der Messung meines Herzens gemacht hatten und tuschelten und tuschelten und schüttelten dauernd ihre Köpfe. Sie drehten mit fragender Miene Schalter und drückten Knöpfe an ihren Maschinen …. Dann kam einer von ihnen zu mir und sagte mir:

„Ihr Herz ist anders aufgebaut. Es produziert false positives. Wenn Sie das nächste Mal von jemandem untersucht werden, sagen Sie es ihm bitte direkt am Anfang der Untersuchung.“)

 

Es ist noch vieles an und in meinem Körper, was krank ist, weil sie mir damals die Seele zerstört haben. Aber meine Erfahrung ist: Das kann heilen. Das kann auch dann heilen, wenn es nach ärztlicher Meinung eigentlich ausgeschlossen ist.

 

Vor sechs Monaten hat mein Arzt bei mir im Gesicht starke Akne diagnostiziert. Ich hab’s schulterzuckend zur Kenntnis genommen. Das wäre jetzt bereits meine dritte Pubertät. Allmählich bin ich damit vertraut. Wirksame Therapie bedeutet bei mir auch immer, dass mein Körper umgebaut wird, und dass manchmal ganz merkwürdige Sachen mit ihm passieren. Das betrifft auch ganz simple und alltägliche Bewegungsabläufe. Ich esse anders als früher, ich trinke anders als früher, ich gehe anders als früher – und so weiter.

 

Aber das ist alles mein Körper und meine Seele.

Meine Erfahrung ist, dass buchstäblich alles heilbar ist – Körper und Seele.

 

Wie das mit deinem Körper und mit deiner Seele ist, das kann ich nicht wissen.

Und wenn du auf deinen Körper und auf deine Seele guckst und sagst:

„Geht nicht, das ist nicht heilbar“, dann wird das schon stimmen.

Dann bist du krank oder sogar behindert und wirst das vermutlich für immer bleiben.

 

Wieso sollte ich in dieser Sache klüger sein als du?

 

Als ich sechzehn Jahre alt war, beschloss ich von einem Tag auf den anderen, mein Leben in die eigene Hand zu nehmen. Und ich beschloss zu tun, was immer auch nötig war, um ein Leben führen zu können, das lebenswert war.

 

Ich stellte schnell fest, dass ich von dem buchstäblich unbändigen Willen beseelt war, die Dinge auf die Reihe zu kriegen und zu heilen. Und so oft ich erfuhr, dass irgendwas, was mich betraf, nicht heilbar war, bekam ich die Energie dieses Willens zu spüren:

„Niemals! Niemals werde ich mich damit abfinden, dass das nicht heilen kann! Und wenn es das letzte ist, was ich tue – niemals werde ich aufhören, meine Kleinen zu befreien! Niemals!“

 

Ich machte mir in dieser Zeit zwei handgeschriebene Plakate. Auf dem einen stand „Trotzdem“. Auf dem anderen stand „Irgendwie“.

Diese Plakate hängte ich über meinen Schreibtisch, so dass ich sie immer gut sehen konnte.

 

Und dann ging’s los.

 

Manchmal bekam ich zu hören, dass das, was ich in meinem Leben erreichen wollte, noch nie jemand geschafft hätte. Ich nahm das achselzuckend zur Kenntnis:

„Ja, und? Dann bin ich eben der erste. Für alles, was Menschen heute können gibt es einen, dem das zum ersten Mal gelungen ist.“

 

Und wenn du sagst, dass das alles in deinem Leben nicht geht, dann wird das wohl so sein.

Du bist der Experte für dich und für dein Leben.

Aus welchem Grund und mit welchem Recht sollte ich in dieser Sache klüger sein als du?

 

In meinem Leben gilt:

Alles kann heilen.

 

 

***

 

 

P.S.

Als meine Töchter noch klein waren, kamen sie immer wieder mal hilfesuchend auf mich zu, weil sie irgendein Spielzeug nicht wiederfinden konnten. Sie sagten dann gerne:

„Ich hab‘ schon überall gesucht!“

Ich habe ihnen dann sanft und freundlich geantwortet:

„Das ist unlogisch. Da, wo es ist, da hast du noch nicht gesucht.“

 

(Und natürlich habe ich ihnen dann beim Suchen geholfen).

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