Der Faschist

Das war vor fast zwanzig Jahren. Ich arbeitete damals als Trainer in einem Bereich, den wir die „Grundausbildung“ nannten. Jeder, der neu bei uns in den Vertrieb kam, musste erst mal eine ganze Reihe von Seminaren durchlaufen, bevor er die Erlaubnis bekam, eigenständig Vertrieb zu machen.

 

Wir waren ungefähr zwanzig Trainerkollegen, und wir hatten eine Menge zu tun: Jedes Jahr fingen ca. hundert Vertriebsleute bei uns neu an, und die mussten zehn Seminare durchlaufen, die über ein oder zwei Wochen gingen.

 

Irgendwann bekam ich mit, dass Unruhe unter den Kollegen entstand. Wir hatten offenbar mal wieder irgendwen an Bord genommen, der alle Trainer gegen sich aufbrachte. Das passierte immer wieder, denn der Vertrieb zieht auch die seltsamsten Vögel an (Sprachbild). Wir hatten da Leute, die ausgesprochene Schwierigkeiten mit der Impulskontrolle hatten, wir hatten Analphabeten, Sozialversager mit einer eindeutigen Neigung zum Narzissmus, Menschen mit stark begrenzten intellektuellen Fähigkeiten, Hochstapler, notorische Betrüger und so weiter. Das kam selten vor, aber wenn es so weit war, dann schlug es Wellen (Sprachbild).

 

Ich hörte einen Kollegen, den ich sehr schätzte auf einer Tagung auf einmal lospoltern:

„Der sieht aus und benimmt sich wie ein Hängebauchschwein!“

Andere Kollegen stimmten ein. Es schien da einen Teilnehmer zu geben, der sich sehr unsozial verhielt, den Seminarablauf störte und immer wieder eingebremst werden musste, weil er dazu neigte, schwächere Teilnehmer anzupöbeln. Aber so ist das im Vertrieb:

Du wirst nicht eingestellt, weil du so ein netter Mensch bist, sondern weil du verkaufen kannst. Und solange deine Zahlen stimmen, kannst du dir so ziemlich alles erlauben. Vertrieb ist ein sehr zahlengesteuertes Metier und sehr ergebnisgetrieben. Ob du nett oder sozialverträglich bist, ist zweitrangig.

 

Ich fragte die Kollegen nicht, um wen es sich handelte und was genau vorging. Mir ist es lieber, wenn ich den Menschen, die an meinen Seminaren teilnehmen, eher unvoreingenommen begegne. Durch meine ganze Laufbahn als Trainer habe ich immer wieder festgestellt, dass ich auch die Gruppen meistern kann, an die sich kein Kollege mehr rantraut. Ich kann diese Gruppen meistern, weil ich dazu neige, die Menschen so zu nehmen, wie sie sind. Und so war das jahrelang der Tenor bei meinen Vorgesetzten:

Die Gruppe ist schwierig? Dann ist sie was für den Stiller!

 

Ein Glaubenssatz von mir ist:

Es gibt keine schwierigen Menschen. Es gibt nur Menschen, die nicht richtig verstanden werden und deshalb nicht richtig angesprochen werden.

 

Ich begann am Montag mein Seminar im Tagungshotel. Eine Gruppe von zwölf Teilnehmern. Ich erkannte auf den ersten Blick, von wem meine Kollegen da gesprochen hatten:

a)  Dieser Mann saß auf dem Platz, auf dem die, die Ärger machen wollen, immer sitzen.

b)  Er hatte tatsächlich in seinem Leben nur sehr wenige Mahlzeiten verpasst.

 

Es dauerte keine Stunde, bis dieser Mann begann, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er machte sarkastische Bemerkungen, wenn andere Teilnehmer was sagten, er war mit seinem ganzen Körper in ständiger unruhiger Bewegung, er schnitt anderen das Wort ab (Sprachbild) und er machte sehr deutlich, dass das Seminar ganz anders laufen würde, wenn er das Sagen hätte.

 

In der ersten Pause suchte ich das Gespräch unter vier Augen mit ihm:

„Das hier ist mein Seminar. Das bedeutet: Hier gelten meine Regeln. Wenn Sie sich damit nicht abfinden wollen, dann können Sie Ihre Koffer packen. Habe ich mich verständlich ausgedrückt.“

„Aber hören Sie mal! So geht das …“

„Habe ich mich verständlich ausgedrückt? Meine Regeln gelten hier, nicht Ihre.“

„Aber jetzt …“

„Habe ich mich verständlich ausgedrückt? Sie können auch jetzt direkt heimfahren.“

„Ja.“

„Ausgezeichnet. Halten Sie sich an die Regeln, sonst lasse ich Sie hochgehen. Was Sie außerhalb des Seminars machen, ist Ihre Sache. Aber im Seminar gilt mein Wort, nicht Ihres.“

 

Das Verb „hochgehen lassen“ bedeutet in diesem Fall nicht, dass ich jemanden zwei Stockwerke höher gehen lasse, sondern dass ich ihn vor der versammelten Gruppe verbal so angreife, dass es geradezu vernichtend für ihn ist. Sich verbal mit mir zu messen und dabei zu gewinnen ist fast unmöglich. Und die Jungs, mit denen ich arbeite, die sind so rau drauf – da muss ich immer wieder damit drohen. Vor zwei Jahren tauchte zum Beispiel ein Serbe in einem Seminar von mir auf. Ich schätze diesen Mann sehr. Schon seit vielen Jahren begleite ich ihn als Coach. Er ist zwar bekloppt, aber auf seine Weise ein ganz toller Mensch. Diesmal trug er ein T-Shirt mit dem Porträt von irgendeinem Mann. Unter dem Porträt stand irgendwas auf Serbisch. Ich sprach den Serben in einer Pause darauf an. Dabei stellte sich heraus:

Dieser Mann wurde international als Kriegsverbrecher gesucht. Und der Serbe sagte:

„Wir sind der Meinung, dass er kein Kriegsverbrecher ist, sondern ein Held. Und wir sammeln mit diesem T-Shirt Geld für ihn.“

Das war harter Stoff. Und jetzt? Ich war ja nicht der internationale Gerichtshof. Auf der anderen Seite – kann ich es dulden, dass jemand öffentlich Werbung für gesuchte Kriegsverbrecher macht?

Ich dachte kurz nach:

1.   Dieser Mensch ist zwar zur Fahndung ausgeschrieben aber bislang nicht verurteilt.

2.   Außer diesem Teilnehmer spricht niemand im Seminar serbisch.

Ich sagte diesem Serben:

„Ok. Das fällt unter Artikel fünf Grundgesetz. Aber wenn du im Seminar auch nur ein Wort Propaganda für diesen Mann machst, dann lasse ich dich hochgehen, verstanden?“

Der Serbe nickte nur.

Er hatte verstanden.

 

Aber kommen wir zurück zu diesem Teilnehmer mit dem auffälligen Sozialverhalten. Die ganze Gruppe mied ihn als wäre er ein Aussätziger. Niemand sprach mit ihm, niemand suchte seine Nähe. Aber das schien ihm egal zu sein. Und nachdem ich ihn in der ersten Pause so robust angezählt hatte, nahm er sich mit seinen sarkastischen Bemerkungen und seinen verbalen Angriffen auf die anderen Teilnehmer sehr zurück. Der erste Tag des Seminars verlief ohne weitere Vorkommnisse.

 

Am zweiten Tag erlebte ich dieses:

Es war eine größere Pause. Die Teilnehmer waren zum Teil draußen am Buffet, um sich Kaffee und Snacks zu holen, zum Teil waren sie noch im Seminarraum. Der Mann saß allein an seinem Platz und machte irgendwas an seinem Laptop. Dabei lachte er. Es war ein kaltes, hartes und lautes Lachen. Er drückte auf irgendwelche Tasten an seinem Laptop und lachte immer mehr. Ich wurde neugierig und schaute zu ihm rüber. Er bemerkte das und lud mich ein:

„Komm’n Se mal“, winkte er mich eifrig zu sich rüber.

Ich trat neben ihn und schaute auf seinen Laptop.

Dort lief ein Computerspiel mit recht einfacher Grafik: Ein grüner Frosch saß in einem ziemlich großen Mixer. Unter dem Mixer stand eine Zahl: 0

Der Mann drückte auf eine Taste, und der Mixer begann, langsam zu rotieren. Unter dem Mixer stand jetzt 1. Der Frosch versuchte, sich festzuhalten.

Der Mann lachte und drückte eine weitere Taste. Der Mixer drehte sich jetzt etwas schneller und die Zahl 2 erschien unter dem Mixer. Der Frosch konnte sich nicht mehr festhalten und begann allmählich, mit dem Mixer zu rotieren.

Und so ging das weiter:

Der Mann lachte immer mehr, der Frosch versuchte immer verzweifelter, seine Haut zu retten und auf Stufe 5 war er eine einzige blutige Matsche, die im Mixer püriert wurde.

Der Mann war hellauf begeistert.

Er freute sich auch sichtlich darüber, dass ich ihm zuguckte.

„Ich hab‘ das gleiche auch mit Kind im Backofen!“ rief er eifrig und wollte dieses Programm aufrufen. Ich gab ihm zu verstehen, dass das eher nichts für mich wäre und ging weg da. Er ließ nicht locker, und so erfuhr ich, dass er noch viel mehr Spiele dieser Art auf seinem Rechner hatte. Ich gab ihm zu verstehen, dass ich das zur Kenntnis nehmen würde, aber trotzdem nicht gucken würde. Er war eher enttäuscht, aber sichtlich aufgetaut, weil ich mich für ihn interessiert hatte und ihn nicht direkt abgelehnt hatte. Entspannt und voller Freude gab er sich weiter seiner Freizeitbeschäftigung hin.

 

In diesen Jahren hatte der Konzern, für den ich arbeite, noch wesentlich mehr Geld für den Vertrieb als heute.Und so konnte ich einmal in der Woche alle Teilnehmer zu einem „Gruppenabend“ einladen.

Gruppenabend ging so:

Ich vereinbarte mit der Küche, dass sie für uns alle irgendwas einfaches aber gemeinsames als Abendessen auf die Beine stellten. Im Sommer wurde dann zum Beispiel der große Grill im Hotelgarten angeworfen und wir saßen drumrum, beinahe wie um ein Lagerfeuer – und es gab Fleisch für die, die Fleisch essen wollten und Vegetarisches für die anderen. Jeder war eingeladen auf zwei, drei Bier oder entsprechende Mengen Wein, und man saß zusammen und erzählte.

 

Auf diesem Gruppenabend entschloss ich mich, mir mal diesen Mann genauer anzuschauen. Ich hatte so einen Menschen noch nie erlebt und wollte wissen, was vorging.

Da ich weiß, wie man sowas macht, kam tatsächlich sehr schnell ein Gespräch zwischen uns in Gang. Er war zwar extrem misstrauisch und verschlossen. Aber dass ich ihm bei seinem „Frosch im Mixer“ zugeschaut hatte, hatte seine Einstellung zu mir ziemlich verändert. Und so erfuhr ich sehr schnell, dass er in einem früheren Leben Pressesprecher der NPD in einem wichtigen Landesverband gewesen war. Das interessierte mich. Und ich fragte ihn, was so ein Pressesprecher eigentlich für Aufgaben hat, und welche beruflichen Voraussetzungen er dafür mitbringen muss.

 

Dieser Mann erzählte und erzählte. Er erzählte von seinen Vortragsreisen, von seiner politischen Arbeit, warum er jetzt nicht mehr bei der NPD war – und so weiter. Natürlich kam er auch schnell auf das Dritte Reich und den zweiten Weltkrieg zu sprechen. Vor allem die SS hatte es ihm angetan. Als er merkte, dass ich in dieser Sache sehr gut Bescheid wusste, stieg ich sehr in seiner Achtung. Er testete mich, aber ich wusste genau, wo die neunte Armee unter Busse in der Zeit der „Schlacht um Berlin“ gestanden hatte, dass Marschall Koniew sie auf links gedreht hatte und über Zossen nach Berlin vorgestoßen war, wo General Weidling zum Kampfkommandanten der Hauptstadt gemacht wurde … und so weiter.

Manchmal ist es auch zu etwas nütze, wenn man als Autist Militärgeschichte zu seinen Spezialinteressen zählt.

 

Der Mann erzählte, und ich hörte ihm zu. Wenn ich nicht verstand, fragte ich nach.

 

Und mit der Zeit kristallisierte sich dieses heraus:

Das war der erste lupenreine Faschist, dem ich begegnete. Und der erste Mensch, den ich je erlebt hatte, der über absolut kein Gewissen verfügte.

 

Er kam auf seine diversen Nebenerwerbsquellen zu sprechen. Und ich erfuhr, dass er einen schwunghaften Handel mit Frauen und Frauenfotos aus Litauen betrieb. Ich befragte ihn zu seinem Geschäftsmodell, bis ich den Eindruck hatte zu verstehen, worum es ging. Ich stellte zahlreiche Fragen, die darauf abzielten, herauszufinden, ob er irgendwas für diese Frauen oder überhaupt für irgendwen empfand.

 

Aber da war nichts. Alle, die schwach waren, hatten es nicht besser verdient, und mit denen konnte man machen was man wollte. Seine Welt war in dieser Hinsicht recht einfach:

Warst du schwach, dann warst du ein Sklave und somit Handelsware. Und das war absolut richtig und von der Natur auch so gewollt. Außer stark und schwach (und „deutsch“ natürlich) gab es in seinem Weltbild nicht viel. Dieses Weltbild war sehr kompakt, sehr robust und in sich geschlossen.

 

Und Gewalt. Mit Gewalt hatte er es.

Für die Bundesrepublik Deutschland hatte er nur höhnische Verachtung übrig – viel zu schwach. Da griff niemand durch. Die ganzen Kinderschänder zum Beispiel – alle hinrichten … langsam und qualvoll selbstverständlich, denn das war es, was sie verdienten. Immer wieder kam er auf dieses Thema – wen er alles auf welche Weise hinrichten würde, wenn er an die Macht käme. Und die Kinderschänder. Die waren bei ihm absolut unten durch. Er sprach immer wieder davon.

 

Ausländer und Migranten?

Ausweisen – wer nicht zur gesetzten Frist das Land verlassen hat: Erschießen.

Volksfeinde?

Internieren und arbeiten lassen – und natürlich erschießen.

Politiker der anderen Parteien?

Er schaute mich höhnisch grinsend an: Das müsste er mir jetzt ja wohl nicht erklären.

Und nein, das musste er tatsächlich nicht.

 

Wir sprachen den gesamten Gruppenabend über miteinander – über drei Stunden. Er erzählte, und ich hörte zu. Wenn ich nicht verstand, fragte ich nach.

Und ich begriff dieses:

Menschen wie er respektieren einzig die Gewalt. Jedes Gesprächsangebot wird von ihnen als Schwäche verstanden und mit Verachtung bzw. Gewalt beantwortet. Wenn Menschen wie er Gesprächsangebote auf politischer Ebene machen, dann ist es immer eine Finte, um in eine Position zu kommen, in der man Gewalt ausüben kann.

 

Dieser Mann machte sich später als Spitzel des Verfassungsschutzes und als Unterstützer des NSU einen Namen. Er bekam sehr viel Geld vom Verfassungsschutz und sponsorte damit seine „Kameraden“, die quer durch die Republik Menschen ermordeten. Als Gegenleistung warnte ihn der Verfassungsschutz immer wieder mal vor polizeilichen Aktionen. Mittlerweile hat er sogar seine eigene Wikipedia-Seite. Die Liste der Vergehen, für die er rechtskräftig verurteilt wurde, ist lang wie ein Giraffenhals, unter anderem:

Betrug (mehrere Millionen Euro), Förderung von Prostitution, Beihilfe zu sexuellem Missbrauch und – selbstverständlich – Kindesmissbrauch in mehr als 50 Fällen.

 

Ich weiß nicht, ob alle Faschisten so sind wie er.

Aber ich kann mit Bestimmtheit sagen, dass er Faschist war – durch und durch. Und dass er zu keinerlei Mitgefühl in der Lage war. Er hatte auch keinerlei Gewissen. Das einzige, worauf er reagierte und dass einzige, was er anerkannte, war Gewalt.

 

Weiter oben habe ich geschrieben:

Ein Glaubenssatz von mir ist:

Es gibt keine schwierigen Menschen. Es gibt nur Menschen, die nicht richtig verstanden werden und deshalb nicht richtig angesprochen werden.

 

Das gilt auch weiterhin.

Und wenn du auf Faschisten wie ihn triffst, dann ist meine Empfehlung diese:

 

Tritt ihnen mit kompromissloser Härte gegenüber. Versuche nicht, in einen partnerschaftlichen Dialog mit ihnen zu kommen, das wird dir als Schwäche ausgelegt und sofort ausgenutzt. Und im Ernstfall wird dir nichts anderes übrig bleiben, als sofort die bewaffnete Staatsgewalt zu mobilisieren. (Der Staat hat bei uns aus gutem Grund und mit sehr gutem Erfolg das Gewaltmonopol. Also übe die Gewalt nicht selber aus). Faschisten wie er sprechen und verstehen nur die Sprache der Gewalt, deshalb kann eine andere Ansprache in diesem Fall nicht funktionieren.

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Kommentare: 3
  • #1

    Peter (Samstag, 22 Mai 2021 14:42)

    Hallo Stiller,

    Ich würde mal so sagen: Das einzige Faschisten-spezifische an dem beschriebenen Mann ist: Er war für die NPD und eventuell andere rechtsradikale tätig.
    Die Neigung zu Gewalt und Straftaten ist sicher nicht faschisten-spezifisch. Ich sage eher: die meisten kriminellen und Gewaltliebhaber sind keine Faschisten. Gewalt findet man überall. Faschist ist da weder hinreichend noch notwendig.
    Die Idee des staatlichen Gewaltmonopols stammt aus dem frühen Mittelalter: Feudalherren versuchten, Familienfehden durch Geldstrafen zu unterbinden. Dahinter standen wirtschaftliche Überlegungen. Kurz: Wenn sie sich gegenseitig totschlagen, können sie den Boden nicht bewirtschaften.
    De facto besteht aber ein Gewaltoligopol (nicht de jure, aber de facto). Die Mafia hat schon was mitzureden. Man kann es aber auch so sehen: Die Mafia ist Teil des Staates oder auch umgekehrt. Es gibt aber wohl noch weitere, die de facto Gewalt durchsetzen können.
    Ich persönlich würde bei Zeitgenossen wie du beschrieben hast folgendes machen: ihnen aus dem Weg gehen. Haben ja wohl die meisten gemacht, wie du schreibst.

  • #2

    Stiller (Samstag, 22 Mai 2021 20:07)

    Danke für diese Hinweise.
    Durch das, was du schreibst ist mir aufgefallen:
    Es stimmt - ich weiß nicht, in welchem Maße meine Definition von "Faschismus" dem Stand der Forschung entspricht.

    Ich habe mich eine zeitlang intensiv mit dieser Materie (Faschismus) befasst und seit Jahrzehnten gehört die Geschichte des Dritten Reiches zu meinen Spezialinteressen.
    Aber das bedeutet nicht, dass ich in Sachen Faschismus aus Höhe der Zeit bin.

    Für mich wird Faschismus durch zwei Dinge wesentlich bestimmt:
    1.: Gewalt ist die einzige legitime Quelle von Macht. (1. Stufe der Moralentwicklung nach Kohlberg).
    2.: Friede ist nur die Pause zwischen zwei Kriegen. (Krieg ist der (anzustrebende) Normalfall).

    In diesem Sinne war dieser Mann Faschist durch und durch.


  • #3

    Peter (Samstag, 10 Juli 2021 09:26)

    Definition von Faschismus: "Die" Forschung hat wohl keine einheitliche Definition. Ich persönlich kenne auch keine Gruppe, die sich selbst als Faschisten bezeichnet ausser die italienischen Faschisten zu ihrer Zeit. Es haben sich manche selbst als Kommunisten bezeichnet oder als Nationansozialisten und tun es immer noch, aber als Faschisten kenne ich kein weiteres Beispiel. Das Wort wird vor allem als Schimpfwort gegen Gegner verwendet.
    So wie du den Faschisten definierst war er es bestimmt. Deine 2 Kriterien: Sind sie hinreichend, notwendig oder beides? Ich könnte ihn auch einfach einen Zuhälter nennen nach dem was du geschrieben hast.
    Eine Anregung: Die Definition am Anfang eines Beitrags angeben. Es ist nicht selbstverständlich, dass jeder das Vokabular gleich benutzt. Es ist legitim, seine eigene Definition zu haben, es fördert aber das Verständnis, wenn man sie vorausstellt. Man kann den Mann auch ein Aquarium nennen, wenn man den Begriff entsprechend vorher definiert hat. Man muss ihn dann nur auch konsequent so benutzen.
    Noch mal zum Begriff Faschist: War in deiner Definition Stalin oder Mao ein Faschist? Sind es die heutigen chinesischen Kommunisten? Jedenfalls haben chinesische Dissidenten das Wort Faschisten wieder mal als Schimpfwort gegen das Regime benutzt nach dem Massaker am Platz des himmlischen Friedens. Ein Beispiel wo es als Schimpfwort gegen Gegner benutzt wird.

    Zu deinem Punkt 2 mit Frieden und Krieg: Im Prinzip würde ich es so sehen, Friede ist wenn kein Krieg ist. meistens gibt es vorher einen und nachher. Also zwischen 2. ausser is war der Friede vor dem ersten Krige der Geschichte oder ist ist der nach dem letzten, den wir noch nicht kennen. Ob Krieg anzustreben ist für wen auch immer: Ich denke, Krieg wird von den Regimes als Unterhaltung für das Volk benutzt. Als eine Art Beschäftigungstherapie. Wer an der Front ist, macht keinen Aufstand gegen die Regierung. Man gibt ihnen grössere Probleme als die Unzufriedenheit mit der eigenen Regierung und sie geben Ruhe. Eines der Machtmittel mit Gewalt nach Punkt 1.